Kranichzug im Trebeltal
Geschrieben am 23.09.2018 in Natursafaris an Land (2018) (Geändert am 25.09.2018)
Ein Herbst-Morgen im Trebeltal bei Nehringen
Neben vier Touren im Kanu auf dem Kummerower See und der Peene, die sehr ausgefüllt mit intensiven Naturerlebnissen waren, unternahmen Gundula, Alexander und ich Mitte September auch einige Ausflüge in uns umgebende Naturschutzgebiete bzw. Renaturierungsgebiete. Heute, am letzten Tag, den wir zusammen unterwegs sein können, sind wir in Nehringen an der Trebel. Am Vorabend kamen wir hier an und übernachteten in einem kleinen Blockhaus am Wasserwanderrastplatz.
die Trebel bei Nehringen: mit der Holzklappbrücke
Am Donnerstag Morgen wecken uns einige Kranichzüge, die auf ihrer Route von ihren Schlafplätzen zu ihren Fressplätzen in sehr niedriger Höhe direkt über den kleinen Zeltplatz fliegen. Ich springe beinahe aus dem Lager, werfe ein wenig Kleidung über (es war die ganze Nacht kaum abgekühlt!) und gehe die 200 Meter zur Trebel hinunter.
Der Himmel färbt sich gerade rot, und einige Kranichzüge fliegen mit lauten Rufen durch dieses sanfte Rot. Ein Seeadler fliegt in niedriger Höhe über mich hinweg, gefolgt von einem Rotmilan. Der Adler fliegt weiter zum Renaturierungsgebiet, von wo aus die Kraniche starten, und der Rotmilan setzt sich in eine der trockenen Erlen, die am Trebelufer nahe der Krautentnahmestelle stehen.
Ein Zug Kraniche über dem Trebeltal
Zug um Zug setzen sich immer wieder Kraniche in Bewegung, während die Sonne aufgeht und die rötlichen Wolken bald gelblich-weiß werden lässt. Riesige Züge mit mehreren hundert Vögeln fliegen auch in Richtung Demmin und weiter westlich. Kiebitze haben scheinbar ebenfalls dort übernachtet, denn es starten regelrechte Wolken von ihnen in alle Richtungen.
Vom Wald bei Brudersdorf und Klein Methling schallen die Rufe eines Rothirschbullen herüber: es ist Brunftzeit, und da muss sich herausstellen, wer die Rudel mit weiblichen Hirschen begatten darf.
morgens in Nehringen nahe dem Wasserwanderrastplatz
Während ich noch so da stehe, ziemlich fassungslos und aufgeregt, fliegt wieder ein Seeadler über die Trebel-Einsetzstelle, wo ich stehe. Er dreht einige Runden in recht niedriger Flughöhe, bevor er dann nach Westen über das Trebeltal fliegt. Zum Schluss fliegen noch vier Höckerschwäne ganz tief über mich in Richtung der Trebelbrücke.
Ich begebe mich, freudig erregt und entsprechend leicht fühlend, zu unserem Blockhäuschen. Dort mache ich Tee und Frühstück. Beim gemeinsamen Frühstück und dem folgenden Rödeln (alles zusammen packen etc.) lassen wir uns viel Zeit.
Unser Plan sieht vor, dass wir uns so nahe wie es sinnvoll ist an die Schlafplätze der Kraniche an das Renaturierungsgebiet heran begeben wollen. Da wir den Einflug der Kraniche erst gegen 19:00 Uhr erwarten, verbringen wir den Tag mit dösen, chillen und beobachten der Umgebung, wo immer etwas passiert.
Höckerschwäne in Nehringen über dem Trebeltal
Wir fahren an den nord-östlichen Rand des Renaturierungsgebiets, lassen dort am Waldrand unser Fahrzeug stehen und wandern langsam den Weg in Richtung Annenhof. Ein Seeadler fliegt über das Gebiet. Sein weißer Stoß deutet darauf hin, dass es ein erwachsener ist.
Dieser Weg ist oft sehr nass, aber heute ist er total trocken. Es hat ja auch den gesamten Sommer wenig geregnet. Zwischen hohen Schilfwänden bewegen wir uns möglichst lautlos durch die Natur. Durch einige Lücken im Schilf können wir ab und zu einen Blick auf die Polderflächen werfen. Diese sind zum Teil trocken, zum Teil steht noch flaches Wasser. Silberreiher, Graureiher, Kiebitze und Kraniche halten sich dort auf.
Während wir weiter wandern, hören wir ab und zu die Rufe von Bartmeisen aus dem Schilf. Auch der Seeadler lässt sich hin und wieder blicken, An einer Stelle hüpfen kleine Kröten durch das Gras über den Weg, so dass wir aufpassen müssen, dass sie heil bleiben.
Seeadler im Trebeltal: Foto: Alexander Clausen
Der Weg ändert sich. Ab jetzt haben wir links einen Graben und rechts eine Wiese. Diese wurde in normal nassen Jahren nie genutzt und man sah hier ab und zu einige Bekassinen. Jetzt ist es eine langweilige Grünfläche, wahrscheinlich auch gedüngt. Naja, solch trockene Jahre wird es nicht oft geben.
Wir wandern noch ein Stück weiter und erreichen die Stelle, wo bis vor kurzer Zeit noch die Ruine eines Pumpenhauses stand. Die ist verschwunden. An einigen Apfelbäumen hängen reif aussehende Äpfel, und ich erlaube mir, ein paar für unser nächstes Frühstück mitzunehmen. Dabei entdecke ich einen, der halb ausgehöhlt wurde und voller Marienkäfer verschiedenen Designs steckt. Es sind asiatische Marienkäfer.
Verschiedenfarbige Marienkäfer in einem Apfel
Beim zurück Wandern zum Auto sehen wir noch einmal einen (den?) Seeadler, dann sind es zwei, die sich bei dem starken Wind, den wir gerade haben, in den sonnigen Himmel schrauben.
Unser nächstes Ziel ist ein Zugang zu diesem Renaturierungsgebiet von Camper aus: wir fahren einen kurzen Feldweg hinein und lassen uns dort still nieder. Unser Auto bietet ausreichend Windschutz, und wir kochen uns etwas zu essen. Wärend wir aktiv sind, fliegen immer wieder kleinere Kranichzüge über den nahen Acker und die Polderwiesen. Ein kleiner Zug landet kaum hundert Meter hinter unserem Standort!
Kraniche bei Nehringen im Trebeltal: Foto: Alexander Clausen
Ein wenig dösen wir noch im Windschatten in der Sonne, bis diese allmählich den nahen Abend ankündigt, auf den wir ja schon gewartet haben. Während die Sonne den Himmel rötlich färbt, fliegen immer mehr Kranichzüge aus allen Richtungen zum Renaturierungsgebiet. Es sind mehrere tausend, die auf diese Weise unterwegs sind, und sie wissen oft nicht genau, wo sie nun wirklich die Nacht verbringen möchten: immer wieder fliegen einige auf, und große Züge scheinen auch weiter in Richtung Süd-Osten zu fliegen. Naja, das Trebeltal ist ja groß.
Am östlichen Horizont beobachten wir einen sehr großen Vogelschwarm: es sind Kiebitze, es sind viele hundert! Eine richtige Wolke fliegt turbulente Manöver über dem Trebeltal.
Kiebitze über den Polderwiesen an der Trebel: Foto: Alexander Clausen
Nun ist die Sonne untergegangen, und der Himmel wird für kurze Zeit rot. Die Kranichzüge werden seltener, und als einer der letzten direkt neben uns landen will, dies aber unterlässt, weil unsere Anwesenheit natürlich als störend empfunden wird, packen wir schnell unsere Stühle ein und verlassen das Gebiet. Kurz zuvor fliegt ein Sperber direkt über uns und zu unserem Erstaunen sehen wir, wie er eine Fledermaus jagt! Allerdings bekommt er sie nicht...
Der direkte Weg zur Autobahn nutzt uns nichts, da es in Tribsees immer noch eine Sperrung wegen eines großen Brückenschadens gibt. Also suchen wir nach einer Alternative. Über die Holzklappbrücke in Nehringen erreichen wir Gnoien und damit die Straße zur nächsten Zufahrt zur Autobahn. Um 22:30 Uhr kommen wir zuhause in Kiel an.
überflutete Polderwiesen an der Trebel: Foto: Alexander Clausen
Silberreiher an der Trebel: Foto: Alexander Clausen
Geschrieben in Natursafaris an Land (2018)