Das Laminieren
Geschrieben am 23.05.2008 in Holzkanubau — Holzcanadier, Holzkanu, Leistenkanu (Geändert am 05.07.2017)
Teil 6 von 14 in der Serie Bau unseres 5,70m langen 4er Holzkanus
Mit dieser Thematik hatte ich mich sehr lange befaßt. Das Ziel war ja, ein leichtes, sehr festes und schönes Laminat zu erhalten. Ich lernte, daß man dafür mehrere Arbeitsgänge "nass in nass" durchzuführen hatte. Als Gewebe sollte Köper-gebundenes Glasgelege von 165g/qm dienen. Köper ist die Bindung, die man von Jeans kennt. Im Gegensatz zu der geraden "Leinwandbindung" kann man Köper besser um Rundungen ziehen. Stöße im Glasgewebe müssen nur gut überlappen, nach der Tränkung ist der Stoß kaum zu sehen, wie ja auch das gesamte Gewebe verblüffend transparent wird.
Es wurde geeignetes Material gekauft, um aus einer dünnhäutigen, empfindlichen, relativ instabilen Holzschale ein stabiles, wasserbeständiges, mechanisch widerstandsfähiges Kanu entstehen lassen zu können: da ich in der Vergangenheit Gelegenheit gehabt hatte, verschiedene Marken ausprobieren zu können, wußte ich von den teilweise extremen Unterschieden in der Qualität. Da ich nicht die letzten 100 Euro sparen, sondern an Qualität alles erreichen wollte, was mit normalem Aufwand möglich war, entschied ich mich für das Epoxidsystem SP 320, das von der Firma CTM in Schleswig als Generalimporteur für Deutschland und weitere Teile Europas vertrieben wird und speziell auf die von mir gewünschten Eigenschaften optimiert ist.
die erste Glasmatte
Wodurch unterscheidet sich dieses Material von dem anderer gängiger Anbieter? Es ist sowohl fester als auch transparenter, und es dringt tiefer ins Holz ein. Das hatte ich durch Tests (Reparaturen und Verbesserungen) an unseren bisherigen Kanus herausgefunden, und indem ich ähnliche Beanspruchungen auf verschiedene Materialien wirken ließ. Dort hatten sich die Verklebungen mit SP320 sowohl als sehr fest und gleichzeitig sehr elastisch erwiesen. Es klebte sogar so gut, daß es sich im Gegensatz zu den Produkten des Hauptmitbewerbers oft nicht aus der Lackierschale entfernen ließ, obwohl diese aus PE bestand. Eigentlich soll PE nicht klebbar sein!
die zweite Glasmatte
Eine Eigenheit dieses Systems ist, daß es kaum unter 18°C zu verarbeiten ist, und auch darüber sollte es nicht zu warm sein bei der Verarbeitung (hängt vom verwendeten Härtertyp ab). Auch sollte die relative Luftfeuchtigkeit nicht über 75% liegen (das gilt allerdings für alle Bootsbau-Epoxidsysteme, die ich kenne). Wir hatten ca. 18°C bei der Außenlaminierung: also ideale Bedingungen. Wir brachten einen Voranstrich mit einer schmalen kurzflorigen Rolle auf, der schön in das Holz eindrang.
Sofort danach erfolgte die Glaslage, die wir im Bodenbereich ordentlich überlappen ließen. Wir laminierten erstmal die eine Hälfte, und bis wir die andere Hälfte machten, war diese schon etwas geliert. Das alles konnten wir noch einigermaßen in Ruhe erledigen, wobei wir natürlich langsamen Härter einsetzten.
Feinarbeiten
Holzkanubau: die 2. Matte schön über die 1. ziehen
Diese Arbeiten wurden von 2 Personen ausgeführt, wobei eine immer schon anmischen konnte, während die andere noch "rollte". Das 165 g/qm schwere Glasgelege in Köperbindung ließ sich recht gut über die Wölbungen ziehen.
das Gewebe ist verklebt: es folgen noch weitere 2 Schichten Harz
Es folgten noch 2 weitere Schichten Epoxidharz im Abstand von ca. 4 Stunden, wobei wir hierbei normal schnellen Härter einsetzten (sonst ist so eine Prozedur nicht an einem Tag zu schaffen!). Die Temperatur war immer noch nicht viel höher als 18°C. (Heizung). Insgesamt brachten wir also 4 Schichten Epoxidharz ein. Das Prinzip ist: sorge für eine sehr gute Verankerung im Holz, trage die nächste Schicht so bald wie möglich auf, um eine chemische Vernetzung anstatt einer mechanischen Verbindung zu erzeugen. Eine gute chemische Vernetzung erzeugt ein Material, die man als "ein Stück" bezeichnen kann. So verbindet sich alles gut miteinander, und es treten auch keine "Rotamine" aus, wie man bei anderen Bauberichten lesen kann.
Rumpf abnehmen: nach ein paar Tagen in warmer Werkstatt kann der Rumpf von den Mallen genommen werden
Nachdem das Kanu noch 4 Tage in der geheizten Werkstatt verbracht hatte, hoben wir die Rumpfform von den Mallen. Einige Mallen mußten wir dafür ausbauen, natürlich auch einen der beiden Stevenmallen. Wir hoben den Rumpf an und befestigten ein Plastikseil an der Decke, so daß das Kanu so hoch hing, daß wir später bequem auch noch die restlichen Mallen entfernen konnten.
innen schleifen
kippbarer Schleifteller
spitzer Schleifer mit überstehendem Schleifgewebe: das geht gut in engen Rundungen, da man nicht mit Kanten irgendwo gegen stößt
Hilfwerkzeuge: mit Heißkleber auf Holzkeile geklebtes Schleifpapier
Das Kanu kam jetzt nach draußen, und ich schliff es jetzt von innen, nachdem ich alle Hilfsklötze entfernt hatte. Da es recht windig war, flog der Schleifstaub, den meine Absauge nicht einfangen konnte, einfach davon. Etwas blöd war, daß die Sonne sehr hell war, das beeinträchtigte meine Sehkraft etwas. Insgesamt dauerte das Schleifen einen Tag. Nächstes Mal werde ich mir ein Zelt-Dach drüber bauen, um etwas Schatten zu erhalten.
schöne Arbeitsumgebung: eine Obstplantage etwa 200 Meter von der Schwentine entfernt
Die nächsten Tage stieg die Temperatur durch einsetzenden Frühsommer an, und als wir die Innenlaminierung vornahmen, hatten wir schon 22° C in der Werkstatt, die tagsüber noch anstiegen. Das ist schon ziemlich viel für eine bequeme Verarbeitung, vielleicht sollte man einen noch langsameren Härter nehmen in so einem Fall.
innen fertig laminiert
Holzkanu, Blasen ausrollen
Gundula laminiert
das Laminieren von innen
Da wir innen im Bodenbereich aus Stabilitätsgründen eine Schicht Glasgewebe mehr einbauten, kamen wir mit unserem langsamen Härter nicht ganz aus und mußten Normalhärter verwenden, so daß uns das Harz viel schneller steif wurde. Wir hatten also mehr Wärme und weniger langsamer Härter.
Das hatte zur Folge, daß wir an manchen Stellen Falten in die Laminierung bekamen. Wir hätten diese gleich aufschneiden müssen, darauf kamen wir in dem Moment jedoch mangels Erfahrung nicht. So mußte ich diese später wegschleifen.
Rumpf-Schale auf dem Dachboden
Holzkanu: Rumpfschale tempern unter heißem Dach
Nachdem das Kanu mit 4 (im Boden 5 ) Schichten innen und 4 Schichten außen fertig laminiert war, blieb es noch einen Tag in der Werkstatt, bevor es dann auf den Werkstattboden unter das Blechdach gelegt wurde. Hier konnte es in Ruhe tempern, die Temperaturen erreichten hier tagsüber (im Mai!) locker 35°C und mehr.
Nach über einer Woche holten wir es wieder herunter, um zunächst Innenweger und dann den Süllrand einzubauen.