Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Tag 2: Kossenblatt bis Beeskow

Geschrieben am 29.06.2010 in Kanureisen (2010) —   Dahme-Spree-Rundtour (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 9 in der Serie Dahme-Spree-Rundtour (Große Märkische Umfahrt)

Am Morgen des 11. Juni 2010 stehe ich nicht allzu früh auf, ich glaube, es ist schon 7:00 Uhr. Es gab kaum Umgebungslärm, so konnte ich nach dem üblichen frühen Aufwachen leicht wieder weiterschlafen. Ich koche mir Kaffee, frühstücke mein Crunchy-Müsli mit der Birne, die ich noch habe, und packe dann alles ein. Währenddessen ist auch das Zelt trocken geworden, und als ich alles im Kanu und dieses im Wasser habe, ist es bereits um 9:00 Uhr herum. Ich will als erstes mal erkunden, wie es mit dem Altarm aussieht, den ich gestern ausgelassen habe, in dem man aber theoretisch die Schleuse umfahren könnte. Also paddle ich ein wenig zurück und dann in  diesem Altarm der Spree hinein. Dort soll auch das Schloss Kossenblatt liegen und bald komme ich daran vorbei. Eine schmale Straßenbrücke führt zum Schloss, also liegt es komplett auf einer Spreeinsel. Bald sehe ich auch das Wehr, und es wäre ein Leichtes, hier einen Kanupass einzurichten, da es nur einen geringen Höhenunterschied gibt und da es keinerlei Rücksichten auf einen Weg wie z.B. an der neuen Schleuse geben muss. Um die EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, wird man es eines Tages sowieso tun müssen, warum denn nicht im Zuge des Schleusenneubaues?

Spree von Briescht

Spree von Briescht

 Die folgenden 5,5 km bis zur Holz-Klappbrücke in Briescht sind ähnlich wie die vor Kossenblatt: obgleich sie stets durch Wiesen fließt, ist die Spree hier immer mit üpigem Baumbewuchs an den Ufern "ausgestattet".  Es gibt wieder mehrere Altarme, von den angrenzenden Wiesen bekomme ich kaum etwas mit. Die Spree fließt hier auch ziemlich windgeschützt. Dann erscheint Briescht mit seiner Klappbrücke, ein Schild im Wasser möchte den Flussreisenden mitteilen, dass hier noch ein Brückenwärter darauf wartet, dass jemand 5 sec Dauerton abgibt und damit eine Brückenöffnung anfordert. Wenngleich die Brücke funktionsfähig erscheint, glaube ich nicht, dass hier oft ein Segelboot mit gestelltem Mast passieren möchte, da die anderen Brücken alle eine solche Funktion nicht aufweisen können: sie sind einfach starr.

hölzerne Zugbrücke in Briescht

hölzerne Zugbrücke in Briescht: sie soll noch funktionieren

Von Briescht bis Trebatsch ändert sich kaum etwas, es ist immer noch üppig grün, und ab und zu kann ich etwas abseits der Spree Wald erkennen. Durch die ehemalige Schleuse Trebatsch kann ich einfach durchpaddeln, das Bauwerk erobert sich die Natur langsam zurück, indem Birken, Weiden und Erlen sowie Kleinpflanzen auf dem Gemäuer wohnhaft geworden sind. Der Biwakplatz rechts dahinter lädt mit einem gut gebauten Holzsteg zu einer Pause oder Übernachtung ein. Das ist jedoch im Moment noch nicht mein Plan: ich bemerke, dass der Wind immer mehr zunimmt, und er kommt aus West: das bedeutet, ich werde auf dem kommenden Glower See, der die Nordspitze des Schwielochsees hier bildet, kräftigen Seitenwind haben, der versuchen wird, mich ans Ufer gegenüber zu drücken, wo ich dann einfach nicht mehr weiterkäme. Das geht jedoch gar nicht, und so sinne ich, während ich durch Trebatsch paddle, über eine geeignete Strategie nach. Der Knackpunkt ist, dass ich nicht einfach im Schutz des Westufers paddeln kann, da ich soweit gar nicht erst käme. Ich muss nämlich um eine Landspitze herum, und dann wird mich der Wind erwischen, bevor ich das schützende Westufer erreichen kann. Was also tun?

Neue Spree bei Sabrodt

Neue Spree bei Sabrodt

In trügerischer Windstille paddle ich gemütlich bis zur Landspitze vor. Dann drücke ich mein Kanu so dicht wie es nur irgend geht neben dem Schilf in Richtung Westen, also gegen den Wind, der hier mächtig pfeift und recht guten Wellengang verursacht. Ich sehe ankernde kleine Motorboote von der Seemitte verschwinden. So komme ich natürlich nicht zum schützenden Ufer, das war mir auch schon vorher klar, aber immerhin gelange ich etwa zur Mitte des Glower Sees.

Glower See

Glower See: bei strammem Westwind

Das ist ein brauchbarer Ausgangspunkt, um durch kräftiges Paddeln auf der Leeseite so etwas wie die Diagonale zu erwischen. Zum Glück ist der Wind böig, und immer, wenn er etwas nachgibt, paddle ich schnell wieder gegenan, um etwas mehr Raum für das kommende schräge Abdriften zu gewinnen. Das klappt ganz gut, und später sehe ich auf meinen Fotos, dass ich weniger als eine halbe Stunde für die 2 km benötigt habe. Es ist ja fast so eine Art Kreuzen, die man auf diese Weise praktiziert. Natürlich kostet diese Art der Fortbewegung viel Kraft.

Leißnitzsee

Leißnitzsee: zwischen Leißnitz und Ranzig

So komme ich dann also in den Durchgang zum Leißnitzsee, und paddeln muss ich jetzt überhaupt nicht mehr: ich habe reinen Rückenwind, so dass ich mich wieder schnell erhole von der sportlichen Einlage. Diese war aber nicht wirklich schlimm, da sie nur so kurz war, aber für so etwas benötigt man schon eine gute Kondition, und viel Paddelerfahrung. Man muß wissen, was man sich und seinem Kanu zutrauen kann, sonst kann man schon arg in Bedrängnis kommen. Für manche mag es aber auch schwierig bis unmöglich sein, allein schon die Situation richtig zu beurteilen. Da hilft nur Praxiserfahrung oder genug Mut, derartige Erfahrungen sammeln zu wollen.

Breite Spree bei Kummerow

Breite Spree bei Kummerow: Die Spree schrumpft hier in der Breite von etwa 100m auf etwa 50m.

Ich paddle also weiter durch diese Seenkette, immer wieder sehr ich in Buchten Motorboote ankern. Ansonsten ist nicht viel los, obwohl gutes Wetter ist und Freitag Nachmittag. Ich paddle an einer Personenfähre vorbei, dann bin ich wieder nahezu allein auf der Spree. Nachdem ich am Biwakplatz Kummerow vorbei bin, wird aus der zuletzt schmalen Seenkette wieder eine Spree von normaler Breite, etwa 50 m anstatt 100 m wie vorher. Dafür wird die Umgebung immer sumpfiger und dadurch interessanter.

Biwakplatz Kummerow

Biwakplatz Kummerow

Wer jetzt noch einen Pausenplatz benötigt, für den wird es schwierig werden. Eine größere Gruppe von Leuten in gemieteten Kanus kommt mir entgegen und hat Mühe, gegen Wind und Strömung voran zu kommen. Ich komme mit einigen von ihnen ins Gespräch und erfahre, dass sie in Kummerow Bratwurst essen wollen. Es sieht wie ein Betriebsausflug aus.

Spree vor Beeskow

Spree vor Beeskow: wirklich schöne, teilweise wilde Natur

Links und rechts erscheinen immer wieder Altarme, teilweise sind sie mit Seerosen zugewuchert, von denen einige schon blühen. Dann höre ich lautes Kindergeschrei, wie es an Badestellen üblich ist: Beeskow kommt langsam in Reichweite, und dann sehe ich eine große Anlegestelle und Schilder, auf denen die Nähe des "Spreepark" verkündet wird. Ich suche mir eine Möglichkeit zum Anlanden und bringe mein Kanu auf meinen Bootswagen. Dann melde ich mich in einer riesigen Rezeption an, die zu einem 5-Sterne-Campingplöatz gehören könnte. Ich bin ja neu hier, und als ich dann meinen Schlüssel (elektronisch, das ist wenigstens innovativ) und mit meinem Kanu zur Zeltwiese rolle, wundere ich mich darüber, wie klein diese ist.

Schnell baue ich im Schatten mein Zelt auf, ein Grasfrosch möchte in meiner Nähe sein: er hüpft wieder in Richtung Zelt, auch nachdem ich ihn ein paar Meter weggetragen habe. Ich muß sehr aufpassen, dass ich ihn nicht platt trete beim Abspannen des Zeltes.

Spreepark Beeskow Wasserwanderrastplatz

Spreepark Beeskow Wasserwanderrastplatz: auch für Wohnmobile und als normaler Campingplatz zu nutzen

Ich komme mit Mike Dittrich von der Kanuvermietung "Albatros Outdoor" ins Gespräch und erfahre allerhand über die Befindlichkeiten in dieser Gegend und den Kanutourismus. Vor 18:00 Uhr gehe ich noch schnell zur Post und sende eine Brief nach Haus, der eine Speicherkarte mit vielen Fotos enthält. Auf dem Weg zum Spreepark zurück treffe ich noch eine der Damen, die mit dem Betrieb im Kanu unterwegs waren und talke noch etwas nett und small mit ihr.  Sie arbeitet bei der Amtsverwaltung.

Dann bin ich wieder beim Zelt, es ist immer noch sehr warm. Das Paar, das in der Nähe mit einem Bulli steht, kommt aus NRW, wir tauschen uns über schöne Landschaft etc. aus: Sie haben einen Schlauchcanadier, waren auch schon auf einigen Gewässern, die ich ebenfalls kenne. Man hat immer Gesprächsstoff, wenn man sich mental versteht, oder?

Zu essen gibt es heute ein Glas Würstchen, dazu eine Gemüsesuppe aus der Dose und einen Salat aus Gurke und Tomate. Ich lasse mir viel Zeit, früh schlafen gehen ist heute nicht drin. Dafür bin ich nicht müde genug, es ging ja immer bergab und der Wind kam bis auf den Seeabschnitt meist von hinten. Bis es fast dunkel ist, halte ich mich noch ein wenig in der Nähe des Hafens auf, der ebenfalls direkt am Spreepark liegt und deren Benutzer über den Platz gehen oder fahren müssen, wenn sie zu ihrem Schiff wollen.So habe ich noch einige interessante Gespräche, bis auch ich mich in mein Zelt verziehe und es mir gemütlich mache.