Praxiserfahrungen mit dem Holzkanu
Geschrieben am 14.03.2010 in Holzkanubau (Geändert am 05.07.2017)
Teil 12 von 14 in der Serie Bau unseres 5,70m langen 4er Holzkanus
Ich schreibe diesen Text am 14. März 2010, der meiste Schnee ist weggetaut. Mitte Oktober, nach der letzten Kanureise, hatte ich zusammengezählt, wieviel Kilometer ich bisher mit dem Holzkanu gepaddelt bin. Es waren etwa 1500 km, und ich habe das Holzkanu sehr oft auf den Transporter geschoben, bin über Steine, Bäume und Wehre gepaddelt und habe an Böschungen anlegen müssen, die sehr steinig waren. Es gab Schrammen, und es gab eine sehr unangenehme Stelle in der Bootshaut, durch einen spitzen Böschungsstein verursacht.
Ich reparierte die Stellen, indem ich sie anschliff, dann die Rillen, Schrammen und Löcher mit Epoxidharz auffüllte, abschliff und danach stellenweise mit G8 nachlackierte.
Der Süllrand und die Kanuspitze vorn bekam einige Knüffe, das ganze Leistenkanu wurde auch ein paar Mal kräftig auf Durchbiegung beansprucht, als ich es mit vollem Gepäck über Bäume schob, die durch Windbruch oder Biberzähne umgekippt waren. Manchmal war ich selbst auch bei solchen Manövern im Kanu geblieben. Meine Konstruktion erwies sich dabei als hinreichend flexibel, war dabei aber immer steif genug. Den Süllrand etc. habe ich einmal kräftig abgeschliffen und dann nachlackiert. Das werde ich wohl einfach einmal jährlich machen, es geht am besten im Sommer, da der Lack dann schnell trocknet. Grundieren mit G4 mußte ich nicht noch einmal, da es eine sehr gute Eigenschaft dieses Materials ist, tief ins Holz einzudringen. Das Schwarze, was manchmal auf meinem Süllrand zu sehen ist, ist nur Dreck vom Dachgepäckträger, also Straßenstaub.
Plauer See bei Brandenburg
Meine Konstruktion hat sich also bewährt, das Leistenkanu ist robust, schnell und wellentauglich. Dabei ist das geringe Gewicht (man bedenke, es ist 5,70 m lang...) von 33kg (ohne Sitze) ein großer Vorteil. Man könnte ein Holzkanu natürlich auch leichter bauen, aber ich will ja auch keinerlei Nutzungseinschränkungen haben, da ist mir gute Stabilität lieber als ein paar Kilo weniger. Man muß immer Prioritäten setzen!
Ankunft in Nehringen: auf dem Wasserwanderrastplatz beim Jugendgästehaus Graureiher
Konstruktiv würde ich nicht ein einziges Detail grundlegend anders machen. Die Variabilität der Sitze ermöglicht es mir, bis zu 12 Stunden täglich zu paddeln, was ich natürlich nur mache, wenn ich allein bin. Ich wechsle dann alle paar Stunden von Sitzen zu Knien (und zurück), wobei ich eine von mir selbst angefertigte Rolle benutze. Auf dieser Rolle sitze ich, während meine Knie fast lastfrei auf einer realtiv dünnen Bodenmatte ruhen. Die Rolle besteht aus einem KG-Rohr mit 120mm Durchmesser, um das ich mehrere Lagen Isomatte geklebt habe.
Da ich alle Sitze entfernen kann, ist es mir möglich, das Holzkanu schnell anders zu trimmen, wenn sich die Windverhältnisse ändern, und mich selbst in sinnvollere Positionen zu bringen. Wie ich in verschiedenen Reisebeschreibungen bereits erwähnte, ist das Kanu sehr sicher bei Wind und Wellen zu paddeln. Nur bei voller Beladung mit 4 Personen kann bei hohen Wellen schon mal Wasser über den Süllrand schwappen.
Was ich mir noch wünsche, ist eine einfache Möglichkeit zum Rückenwindsegeln: bis jetzt nutze ich einen Anglerschirm, bei wenig Wind vor mir, bei stärkerem oder Starkwind hinter meinem Rücken. Bei Regen hilft der Schirm, Fotos zu machen.
Gegenwärtig baue ich an einem Mannschaftscanadier: 6.70 m lang, 7 Erwachsene, 1,18 m breit. Er wird wohl zur besseren Stabilität einige kräftige Spanten bekommen müssen, damit der Boden bei der großen Breite immer noch stabil genug ist. Ich bin sehr gespannt auf das Gewicht, da die käuflichen GFK-Canadier immer so um 100 kg herum liegen. Mein Wunschgewicht liegt bei 60kg...
Ergänzung Herbst 2010: ich bin jetzt etwa 2000km mit meinem nicht mehr ganz neuen Holzkanu gepaddelt, das bisher Geschriebene gilt nach wie vor. Aufgrund der Konstruktion ohne feste Sitze ist es mir im Spätsommer gelungen, eine Odertour auch bei sehr heftigem Gegenwird durchzustehen. Da ich das Kanu immer gut trimmen konnte, je machdem woher der Wind kam, war ich in der Lage, dem sehr hohen Wellengang mit Schaumkronen und dem Gegendruck Paroli zu bieten und meine Strecke wie geplant zu bewerkstelligen. Das hätte ich mir mit keinem Canadier zugetraut, mit dem ich bisher gepaddelt bin, da man bei fest eingebauten Sitzen erheblich weniger Möglichkeiten hat, auf Situationen angemessen zu reagieren.