Auf dem Rhin im Juli
Geschrieben am 28.07.2013 in Kanutagebuch (2013) — Rhin (Geändert am 12.09.2017)
Vom 25. auf den 26. Juli haben wir auf dem Wasserwanderrastplatz in Alt Ruppin gezeltet. Morgens erledigen wir noch Organisatorisches und fahren dann nach Zippelsförde. Dort setzen wir unterhalb des Wehrs in das Letzte Stück des Rheinsberger Rhins ein. Da es keine halbwegs vernünftige Einsetzstelle gibt, nutzen wir den Abfluss der Fischtreppe, wo sich seichtes Ufer mit einer stabilen Erlenwurzel befindet.
Alexander und Gundula kennen dieses Gewässer noch nicht, und so sind sie sehr erfreut über diesen schönen Fluss: der Rhin bieten hier klares Wasser mit sandigem Untergrund, über den wir oft diverse Fische huschen sehen, sogar recht große. Oft reichen große Zweige fast ganz über den Fluss, dann wieder ist eine Sandbank zu umschiffen oder zu überwinden.
wilde Ufer des Rhin
Teppiche von Wasserpflanzen wuchern an manchen Stellen über das gesamte Wasser, und es gibt immer wieder Libellen zu bewundern, wie sie schnell wie ein Pfeil oder stehend über dem Wasser auf der Jagd nach anderen Insekten sind.
Obgleich der Rhin hier nur durch Wiesen führt, spürt man seine Wildheit: wir sehen dicht bewachsenes Flussufer, teils mit Erlen und Weiden, teils mit Schilf- und Seggenpflanzen bewachsen, die immer auch mit blühenden Sumpfpflanzen wie Blutweiderich oder Weidenröschen verschönert werden.
Bald wird der Rheinsberger Rhin sehr viel breiter, die Strömung wird weniger und geht dann gegen Null. Nach einigen hundert Metern trifft er dann den Lindower Rhin. Dieser kommt hier von links, also süd-östlicher Richtung hinzu und ist eine Landeswasserstraße. Das bedeutet, es dürfen hier Motorboote fahren. Seine Ufer sind auch befestigt, wenngleich es jenseits der Ufer richtig wild zugeht: direkt neben uns liegen wirklich große Bruchwaldflächen. Sie beherbergen auch einige Nebengewässer, die wir ab und zu durch die Zweige der Erlen hindurch schimmern sehen.
üppige Ufervegetation am Rhin
Die Schönheit dieses Flusses wird durch eine große Fülle sommerlicher Blütenpracht vieler Arten von Ufer- und Wasserpflanzen bestimmt: wir erleben hier ganz sicher alle, die es in Norddeutschland gibt. Für die kommenden 3 Kilometer sind wir in einer beispiellosen Flusswildnis unterwegs, einer Mischung aus Sumpfwald, Moor und Auenwald. Da es keine Straßen und Orte in der Nähe gibt, hören wir auch keine Zivilisationsgeräusche, so dass der Eindruck, richtig in der Wildnis zu paddeln, noch verstärkt wird. Hier ist die Natur nicht Dekoration, sondern Akteur.
Die Uferbereiche sind ab hier sehr originell gestaltet: einerseits haben wir die beschriebenen wilden Ufer, andererseits hat man in größeren Abständen dicke Pfähle in den Boden gerammt, zwischen denen Rundhölzer von wenigstens 25 cm Durchmesser mit Ketten aufgehängt sind. Dadurch will man wohl Schäden durch Bodenerosion begrenzen, die der Wellenschlag von Motorbooten verursachen könnte. Zum Glück darf man hier ohnehin nur 8 km/h fahren. Natürlich hat sich die Natur auch diese Hölzer als Lebensraum erobert: Gräser, Moose und kleine Sumpfpflanzen bedecken teilweise die Oberflächen.
stiller Rhin
Ein Vogel bewegt sich so schnell durch das Uferdickicht, dass wir ihn nicht sicher bestimmen können: es kann eine Wasserralle oder ein Vertreter der Sumpfhuhnarten gewesen sein, z.B. Tüpfelsumpfhuhn. Wir hören dann und wann einen Specht, in den Nebengewässern tummeln sich Schwäne und Enten.
Uns kommt ein Floß entgegen, die Familie, die es fährt, versucht eine Schwanenfamilie zu befrieden: es wird sehr aufdringlich gebettelt. Wir ignorieren die Schwäne einfach und kommen gut klar.
Schmetterlinge auf dem Dost
Im blühenden Dost am Ufer suchen verschiedene Schmetterlinge nach Nektar. Ich versuche, einige zu fotografieren, einfach ist es nicht. Zwei junge Frauen kommen langsam in einem dunkelgrünen Canadier angefahren, sie fragen ob unserer scheinbaren Untätigkeit, ob wir meditieren würden.
Pausenplatz am Zermützelsee
Allmählich nähern wir uns einem letzten, recht großen Nebengewässer, danach sehen wir bereits die Straßenbrücke vor dem Zermützelsee. Gleich dahinter entdecken wir eine Pfahlreihe mit einer niedrigen Stelle, an der wir anlegen können. Allgemeine Blasenleerung ist angesagt, und auch hier sind in einer Ansammlung großer Kohldisteln sehr viele Schmetterlinge und auch Schwärmer unterwegs. Es gelingt mir tatsächlich, einige Exemplare zu fotografieren.
Hummel und Schwärmer auf einer Kohldistel
Bald steigen wir wieder in unser Holzkanu und paddeln die Strecke zurück. Immer noch genießen wir die unvergleichliche Naturschönheit hier, dazu die Stille und die Einsamkeit. An der Abzweigung zum Rheinsberger Rhin (an dessen Umtragestelle bei der Fischzucht unser Fahrzeug steht), entscheiden wir uns, den Lindower Rhin (Rhinkanal) hoch zu paddeln und das Auto zu Fuß an die Einsetzstelle zu holen. Am Rhinkanal liegt am rechten Ufer zunächst noch Sumpfgebiet, dann kommen einige Wochenendhäuser. An einem kleinen "Hafen" werden gerade Uferverbaue erneuert, eine kleine Ramme und Arbeitsplattform ist davor verankert. Am Schotterufer auf der linken Seite fehlen an manchen Stellen Steine, dort haben Biber ihre Gleiten, wie man deutlich erkennen kann. Biber gestalten also auch ein Schotterufer nach ihren Bedürfnissen um, wer hätte das gedacht.
Aussetzen bei Zippelsförde
Dann, am späten Nachmittag, sind wir an der Straßenbrücke südlich von Zippelsförde angekommen. Während Alex und Gundula das Kanu und unsere Ausrüstung versorgen, wandere ich zum Auto. Am Parkplatz treffen ich noch einen Bekannten, der Kanus vermietet und Gäste von der Aussetzstelle am Rheinsberger Rhin abholen will.
Zelten an der Oberen Havel bei Wallapoint
Während wir alles verladen, erörtern wir, was wir die kommenden Tage konkret tun wollen: wir entschließen uns, zur Oder zu fahren und auf dem Weg dorthin noch einige Kanugewässer zu kontrollieren, die wir bei FlussInfo beschreiben.
Blick vom Biorama in Joachimsthal
Wir wollen auch den Aussichtsturm "Biorama" in Joachimsthal am Werbellinsee besteigen, von dem aus man einen tollen Blick in die Umgebung hat. Zum Übernachten treffen wir abends am Wasserwanderrastplatz "Wallapoint" an der Oberen Havel bei Zehdenick ein. Dort paddeln wir ein Stück auf dem Gelände des Wasserwanderrastplatzes und zelten dann direkt an der Havel. Wir erfreuen uns an der dortigen Ruhe und Natur, obwohl es doch relativ nahe an der Stadt liegt. Als wir in unseren Zelten liegen, hören wir um uns herum sogar Biber knabbern.
Geschrieben in Kanutagebuch (2013)