Auf der Unteren Havel von Tieckow bis Premnitz
Geschrieben am 26.07.2017 in Kanureisen (2017) — Premnitz, Untere-Havel (Geändert am 04.08.2017)
Teil 4 von 7 in der Serie Auf der Unteren Havel im Juli 2017
Von unserer Unterkunft in Premnitz bei örtlichen Kanuclub fahren wir am heutigen Morgen nach Tieckow, wo wir an einer Badestelle in die Untere Havel einsetzen. Das Fahrrad bleibt natürlich in Premnitz.
Wir haben sonniges Wetter und nur wenig Wind. Die Havel strömt mit etwa 3 km/h und wir paddeln gemütlich in Richtung Kützkow-Pritzerbe. Auch heute sind einige Motorboote unterwegs, aber der Verkehr ist nicht ganz so dicht wie auf den Abschnitten bis Brandenburg. Am linken Ufer stehen zunächst Wochenendhäuser, dann gibt es eine längere Strecke einige Zeltplätze.
Wir sehen bald die Eisenbahnbrücke von Pritzerbe, und uns überholt ein Raser mit einer großen Motoryacht: ich denke mir, dass er gleich die Fähre erreichen wird, und spätestens dann muss er vom Gas, wenn es nicht krachen soll. Er tut es dann ja auch.
Havel nahe Pritzerbe
Neugierig schauen wir uns die Uferbebauung und das Kleinstadtleben von Pritzerbe an, aber dort sind wir schnell vorbei. Eigentlich suchen wir eine vernünftige Anlandemöglichkeit, aber die finden wir erst, als wir schon fast aus Premnitz heraus sind. Dort kommen wir mit einem älteren Paar ins Gespräch, und sie sind sogar bereit, ein paar Fotos von uns zu machen.
Das FlussInfo-Team in Pritzerbe
Hinter Pritzerbe tut sich dann wieder eine schöne Havel-Wildnis auf. Wir erleben zerklüftete Ufer und Altarme. Kleinere Inseln und Landzungen sind mit Graugänsen, Kormoranen und Kiebitzen bevölkert, und wenn hier keine Motorboot-Raser unterwegs wären, hätten wir hier wirklich ein Idyll. Sogar ein paar Paddler kommen aus einem Altarm angefahren. Eine Art Spreewaldkahn fährt mit erhöhter Geschwindigkeit und voll besetzt Naturgucker über die Havel. Was die zu sehen bekommen sollen, bleibt mir unklar.
Altarm bei Pritzerbe: Fotoautor: Alexander Clausen
Als rechts der Altarm erscheint, der über das Wehr führt, freuen wir uns auf mehr Ruhe und paddeln hinein. Wir wissen dank unserer Jübermann Gewässerkarte TA5, dass wir in Bahnitz sind und dass es hier eine Kahnschleuse gibt. Das war nicht immer so: in der Vergangenheit war hier häufig alles wegen Baufälligkeit gesperrt. Auch der Neubau musste bald saniert werden.
Die Schleuse ist offen, wir paddeln beherzt hinein und ich steige an der Schleusenleiter aus unserem Holzkanu nach oben zum Schleusenrand, um das Tor zu schließen. Auch den Flutschieber kurble ich herunter, so dass kein Wasser nachlaufen kann, wenn ich unten den Flutschieber öffne, um den Wasserstand abzusenken. Während das Wasser abläuft, genieße ich einen schönen Rundblick über die Havel-Landschaft. Dann öffne ich das untere Tor und denke darüber nach, warum die Übersetzung des Kurbeltriebs wohl so ausgeführt ist, dass er sehr schwer zu bedienen ist. Ich komme darauf, dass man auf diese Weise verhindert, dass jemand das Tor öffnen kann, solange noch Wasserdruck vorhanden ist, also solange nicht durch Öffnen eines Flutschiebers für Gleichstand innerhalb und außerhalb der Kahnschleuse gesorgt ist.
Kahnschleuse Bahnitz
Ich stelle fest, dass man diese Kahnschleuse auch ganz gut umtragen kann. Es gibt sowohl niedrige Schwimmstege als auch seichtes Ufer. Wenn jemand allein unterwegs ist, ist das Schleusen ja nicht so einfach, und schon gar nicht, wenn man mit einem Kajak unterwegs ist.
Die folgenden 2,5 Kilometer den Altarm entlang erfreuen wir uns über die Stille der Natur. Strömung ist auch hier vorhanden, was kein Wunder ist, da viel Wasser über das Nadelwehr fließt. Nachdem wir wieder den Hauptarm der Havel treffen, fährt ein einziges Motorboot aus der Schleuse. Da dämmert uns allmählich, dass diese erste Schleuse unterhalb Berlins eine gewisse Barriere für Raser darstellt. Darüber sind wir natürlich sehr erfreut und hoffen, dass die geringere Zahl an Motorbooten von Dauer ist.
schwimmende Baracken auf der Unteren Havel
Im Dorf Bahnitz hat man vor dem rechten Havelufer, also gegenüber des Dorfes, Sandbänke aufgeschüttet. Es ist warm und sonnig, und so haben einige junge Leute den Strand zum Sonnenbaden okkupiert. Jemand mit einem kleinen Schlauchboot macht den Fährmann.
Wir beabsichtigen, hier eine kleine Pause einzulegen. An einem Schwimmsteg legen wir an. Es gibt einen niedrigen Schwimmsteg und es gibt die Spundwand. Zwei große Yachten liegen am niedrigen Schwimmsteg anstatt an der Spundwand, obwohl dort genügend Platz gewesen wäre. Hm. Irgendwie unsozial (es folgen noch einige wesentlich unfreundlichere Ausdrücke), denke ich so laut, dass es der Besitzer hoffentlich vernommen hat und es sich das nächste Mal überlegt, wo er festmacht.
Ich steige aus unserem Kanu, schaue mich ein wenig um. Der Ort ist ganz nett. Lange halten wir uns allerdings nicht hier auf und paddeln bald weiter.
Graureiher nahe Bahnitz: Fotoautor: Alexander Clausen
Uns kommt eine schnell fahrende Gruppe Motorbootfahrer entgegen. Damit nicht genug: zwei Jetskifahrer kurven zwischen uns und den Motorbootfahrern mit hoher Geschwindigkeit umher, schneiden absichtlich eines der Motorboote um weniger als zwei Meter. Die Fahrer haben wirklich eine ziemliche Verhaltensstörung oder einen noch größeren seelischen Schaden.
Ein paar Kilometer vor Premnitz finden wir am linken Ufer eine seichte Stelle zum Anlegen. Wir benötigen jetzt eine ausgedehnte Pause. In unserer Picknickkiste haben wir Tee, Brot und Brötchen dabei und lassen es uns gut schmecken. Ich wandere ein wenig auf der angrenzenden Wiese umher und bewundere die dort blühenden Taglichtnelken, das Johanniskraut und sogar Habichtskraut.
Es ist sicher schon eine gute halbe Stunde später, als wir uns auf die zweitletzte Etappe machen: in Premnitz wollen wir am Hafen anlegen und beim Einkaufszentrum in der Nähe unsere Vorräte ergänzen. Während Gundula einkauft, schauen Alexander und ich gezwungenermaßen einer Gruppe zu, deren Hauptakteur große Reden schwingt. Im weiteren Verlauf nimmt er ein kleines, stark motorisiertes Motorboot, setzt ein etwa 13jähriges Mädchen an seine Seite und fährt ein paar Runden. Einige halbwüchsige Jungs gehen ins Wasser, er dreht einige enge Runden um die Schwimmer. Am Ende schafft er es nur mit Mühe oder Glück, in einer sehr schnell gefahrenen Kurve haarscharf an einem Bunbo (schwimmende Baracke) vorbei zu kommen. Sämtliche Schutzengel hatten wohl für kurze Zeit Vollbeschäftigung.
Pause an der Unteren Havel
Bevor diese Verlassenen zu ihrer letzten Aktion starteten, nämlich eine Gruppe von Jungs auf einer Art Surfbrett über die Havel zu ziehen, ist Gundula wieder bei uns wir machen uns schnell aus dem Staub (sprich: Gischt). Ich habe keine Lust darauf, irgend jemand ohne Hirn aus dem Wasser ziehen zu müssen oder eine Entscheidung zu treffen, ob ich die Polizei rufen soll oder nicht.
Schnell paddeln wir zu unserer Unterkunft. Da unsere Zelte ja bereits dort von der letzten Nacht standen, kann ich in aller Ruhe mit meinem Fahrrad unser Fahrzeug von Tieckow abholen. Leider gibt es an diesem Abend viele Mücken, so dass wir uns draußen nicht viel aufhalten mögen. Aber wir kochen schön zusammen in einer großen Küche, sprechen noch einmal über unsere Erlebnisse, posten einen Beitrag auf Facebook und schmieden Pläne für zukünftige Unternehmungen. Als wir in unsere Zelte steigen wollen, sehen wir ein Floß hin- und herfahren, das einen Schlafplatz sucht, aber hier nicht findet. Die Dinger entwickeln sich zu einem Problem auf den Gewässern.
Auf der Unteren Havel im Juli 2017
- Von Werder bis Havelberg
- Auf der Unteren Havel von Werder bis Ketzin
- Auf der Unteren Havel von Ketzin bis Brandenburg/Havel
- Auf der Unteren Havel von Tieckow bis Premnitz
- Auf der Unteren Havel von Premnitz bis Rathenow
- Auf der Unteren Havel von Rathenow bis Strodehne
- Die Untere Havel zwischen Havelberg und Strodehne