Am 10. Oktober auf dem Großen Plöner See
Geschrieben am 10.10.2018 in Kanutagebuch (2018) — Großer-Plöner-See, Holsteinische-Seenplatte (Geändert am 29.01.2024)
der Blick zurück zur Stadt Plön
Heute beginnt gerade wieder eine kurze Phase spätsommerlichen Wetters - mit Temperaturen über 20 Grad. Da es heute auch nur schwachwindig werden soll, habe ich mir den Großen Plöner See ausgesucht.
Ich fahre zur Einsetzstelle an der Fischerei Reese, wo ich um 12:00 Uhr starte. Eine leichte Dunstschicht schwebt über dem ansonsten völlig glatten See, so dass man nur etwas einen Kilometer klare Sicht hat. Ich finde das sehr reizvoll, da die Uferwelten und Inseln Farbe und Konturen weitgehend vorübergehend verlieren.
die Insel Olsborg im Dunst
Heute habe ich wieder einmal kein Ziel, außer diesem: mich zu erholen, alles um mich herum zu genießen, einfach draußen zu sein. Der Große Plöner See ist wie leergefegt. Ich sehe kein einziges Boot auf der Wasseroberfläche, die im Gegenlicht wirkt, als wäre sie aus einer elastischen, transparenten Masse gebildet worden. Mich zieht die Durchfahrt zwischen der Insel Olsborg und Ufer an. Als ich mich der Enge nähere, sehe ich unruhiges Wasser vor mir: hier scheinen Fische herum zu wuseln. Seltsamerweise verändern die kleinen Strudel ab und zu blitzartig ihre Position. Noch bevor ich mir weiter Gedanken machen kann, erscheint links neben mir in etwa 1,50 Metern tiefem Wasser zwischen den Pflanzen ein Fisch. Er hat eine Länge von ungefähr 30 cm, ist grün, gestreift und gepunktet. Es ist also ein Hecht! Lange kann ich ihn nicht beobachten, denn der junge Hecht bemerkt mich auch. So schnell, wie er erschien, ist er auch schon wieder verschwunden. Nicht weit von "uns" schwimmt ein Schwarm Rotfedern o.ä., etwa 15 cm lang. Für diesen Hecht wären sie die perfekte Beute.
das erste bunte Laub
Zwei Höckerschwäne sitzen auf einem großen Stein ganz in der Nähe in der Mittagssonne, den Kopf unters Gefieder gesteckt. Als ich zu ihnen hin schaue, werden sie ein wenig unruhig. Die Köpfe schauen kurz in meine Richtung, aber da ich wohl nicht als Gefahr erkannt werde, dösen sie bald weiter, ihre Köpfe versteckt.
Ich paddle auf der Ostseite der Insel Olsborg vorbei. Ein Haubentaucher gnurkelt ein wenig herum, steht dabei fast auf der Stelle. Baulärm in Form eines Winkelschleifer-Tones dringt an mein Ohr. Er kommt von der Stelle, wo die Schwentine in den Großen Plöner See mündet. Dort liegt das große Fahrgastschiff der Großen Plöner See Rundfahrt an Land, und offensichtlich wird daran gearbeitet. Ich wundere mich, dass dort ohne Schutz des Wassers und des Bodens am Schiff gearbeitet wird.
20 Grad auf dem Boden meines Kanus
Der Ruhlebener Warder: im Großen Plöner See
Das Wasser ist so klar, dass ich noch in etwa 5 Metern Tiefe den Grund sehen kann. So langsam wie es möglich ist, lasse ich meinen Holzcanadier durch die nord-östliche Bucht vor Plön gleiten. Mein Blick fällt auf die Insel "Ruhlebener Werder" , die langsam aus dem Dunst auftaucht. Sie hebt sich dunkel vor dem noch hellen Hintergrund des Waldes ab, in dem der Campingplatz Ruhleben liegt.
Da ich gerade immer mehr auf den offenen See hinaus paddle, kann ich mir in Ruhe alles anschauen und auf mich wirken lassen. Drei Lachmöwen schwimmen ein kleines Stück vor mir auf dem Wasser, und ich denke, diesmal könnten sie doch einfach mal unten bleiben. Eine Weile tun sie es auch, schwimmen kurz in die eine und dann in eine andere Richtung. Als ich aber auf etwa 8 Metern heran gekommen bin, erheben sie sich doch aus dem Wasser.
Hornissen gerettet
Während ich noch ein wenig träume und langsam das Paddel schwinge, nehme ich links von mir eine Bewegung wahr. Ich drehe mich noch um, bis ich erkennen kann, was dort im Wasser schwimmt: eine Hornisse schwirrt eifrig mit ihren Flügeln und kommt tatsächlich in Richtung Insel vorwärts. Sie hätte noch einige 100 Meter bis zur nächsten Insel schaffen müssen, um trockene Füße zu bekommen. Ich bremse, paddle rückwärts und nehme sie mit meinem Paddel auf. Das nimmt sie auch gerne an, aber als ich sie dann auf meine Kiste zum Trocknen absetzen möchte, hält sie sich am Paddel fest.
Um ihr auf die sonnenwarme Kiste zu helfen, nehme ich beherzt meine Finger zu Hilfe und löse sie vom Paddel. Anscheinend ist sie noch recht fit, und so dauert es nicht lange, bis sie leise brummend davon fliegt. Ich hoffe, sie hat aus ihrer Bruchlandung lernen können! Die letzte von mir gerettete Hornisse hat recht lange benötigt, um so fit zu werden, dass sie wieder fliegen konnte.
Ruderboot auf dem Großen Plöner See
Mittlerweile befinde ich mich etwa in Seemitte, was bedeutet, dass es sowohl zum rechten als zum linken Ufer etwa 1000 Meter sind. Am Horizont erkenne ich im Dunst ein Boot. Es sieht aus wie ein Ruderboot, ein typisches Angelboot. Ab und zu bewegen sich die Riemen. Ein großer Schwarm Möwen hält sich zusammen mit einigen dunkel gefiederten Vögel auf einer der vielen Flachstellen auf, die durch den niedrigen Wasserstand für derartige Zwecke nutzbar geworden sind. Die dunklen sehen wie Kormorane aus. Diese Vermutung bestätigt sich mir, als ich ihre typischen Laute höre, die sie ab und zu von sich zu geben pflegen.
Kajak auf dem Großen Plöner See
Ich höre Stimmen aus Richtung Gut Ruhleben / Vierersee: die eines Mannes und die eines Kindes. Durch den Dunst und gegen das vielfach gebrochene Sonnenlicht bemühe ich mich, erkennen zu können, woher diese Stimmen stammen. Nach einigem Suchen entdeckt ich ein Boot, das ein Kajak sein könnte. Während ich mich langsam in Richtung Godau bewege, erkenne ich sowohl das Ruderboot deutlich und ein Kajak etwas undeutlich. Es kreuzt meinen Kurs, und bald kann ich sehen, dass ein Mann mit seinem Kind in einem Zweier-Kajak paddelt. Bald zieht es vor mir in Richtung Prinzeninsel. Man unterhält sich laut, naja, der Vater erklärt seiner Tochter, was es alles umrum zu sehen gibt. Er paddelt kräftig, so dass die beiden bald vor der Halbinsel Prinzeninsel nicht mehr zu sehen sind.
zwischen Langes Warder und Rottenwarder
Allmählich muss ich mal darüber nachdenken, wie weit ich eigentlich will und ob ich eher nach Bosau oder eher zum Westteil des Großen Plöner Sees steuern möchte. Letzteres würde bedeuten, ein letztes Mal in diesem Jahr zwischen den Inseln hindurch paddeln zu dürfen. Nach dem 15. Oktober ist diese Durchfahrt durch das Naturschutzgebiet, das die Inseln und weite Uferbereiche umfasst, nicht erlaubt. Erst ab 1. Mai darf hier wieder hindurch gepaddelt werden.
Vor Godau hält sich ein sehr großer Trupp von Blässhühnern auf. Die Wasservögel sind beunruhigt und ändern von Zeit zu Zeit ihre Position, indem sie ganz kurz auffliegen und sich danach wieder fast an derselben Stelle niederlassen.
Aus der Ferne höre ich Rufe von Wildgänsen, die aus hohen Tönen bestehen: es sind entweder Weißwangen- oder Blässgänse. Gespannt lausche ich aber auch noch anderen Tönen: ich höre in gewissen Abständen Pfeiftöne, die sich wie die vom Großen Brachvogel anhören. Mir fällt nichts ein, was es sonst sein könnte.
Durchfahrt vom Großen Plöner See zur Ascheberger Bucht
Ich bin bereits an der Inseln Langes Warder und Rottenwarder vorbei gepaddelt. Rechts von mir erregt etwas meine Aufmerksamkeit: ich sehe eine Lachmöwe und ich sehe einen Turmfalken. Der Falke kommt der Möwe immer näher, und ich kann kaum glauben, was ich sehe: der Turmfalke jagt die Lachmöwe! Die ist ja mindestens ebenso groß wie der Falke, eher größer, und fast hat der die Möwe schon erwischt, als plötzlich eine Handvoll weiterer Möwen auftauchen und der Gejagten beistehen. Sie sind einfach dort, so dass der Falke irritiert das Weite sucht. Das Auftauchen weiterer Möwen hat ihn wohl seine Konzentration gekostet. Er fliegt zu einer der Inseln vor Störland und entschwindet meinen Blicken.
Ansonsten sind gerade hunderte von Möwen am Norwest-Ende des Langen Warders damit beschäftigt, immer wieder aufzufliegen und sich wieder auf das Wasser zu begeben. Ich suche nach einem Grund, kann jedoch keinen Greifvogel oder Ähnliches sehen.
Im Naturschutzgebiet "Inseln im Plöner See": Durchfahrt nur auf bestimmter Route und nur von 1.5.-15.10 erlaubt
Diese Welt der Inseln bietet immer wieder eindrucksvolle Naturerlebnisse. Heute ist es die Stille, es ist die beginnenden Herbsfärbung; es ist die Klarheit des Wassers, die mir bei diesem windstillen Wetter mit hohem Sonnenstand erlaubt, fast durchgängig den sandigen Grund sehen zu können. Die Wassertiefe wechselt hier sehr stark, wie an vielen Stellen des Plöner Sees, von kaum 20 cm bis 5 m und mehr. Steine und Totholz am Grund sind ganz dicht mit winzigen Muscheln bedeckt, aber ansonsten herrscht "Sandoptik" vor.
Was mir noch auffällt: jede der vielen Inseln hat Besuch von einem oder mehreren Graureihern, die teilweise auf den steinigen Stränden stehen oder auf den fast überall vorhandenen Toten Ästen. Leider sind sie recht scheu, und manche von ihnen fliegen vor mir auf, obwohl ich meistens etwa 80 Meter entfernt bin.
Durchfahrt zwischen Prinzeninsel (links) und Langes Warder
Einer der Graureiher steht sogar im flachen Wasser, ohne Bezug zu einem Ufer. Ich paddle langsam auf die Durchfahrt zwischen Prinzeninsel und Langes Warder zu. Auf der Spitze der Prinzeninsel halten sich Spaziergänger auf. Durch sehr flaches Wasser, das weniger tief ist als mein Paddelblatt lang, bewege ich mein Kanu an der Ostseite der langgestreckten Prinzeninsel entlang. Als ich fast die Insel Hankenburg (rechts von mir) erreicht habe, ist es 15:00 Uhr, und plötzlich kräuselt sich der See. Es weht ein leichter Wind aus Süd-Ost. Da erinnere ich mich daran, dass die Wettervorhersage ab 15:00 Uhr Wind bis 3 Bft angekündigt hat.
sehr flache Stelle an der Prinzeninsel
Bucht vor der Stadt Plön
Megin-Jolle auf dem Großen Plöner See
Mein Gefühl rät mir, kräftig zu paddeln, um schnell über die Plöner Bucht zur Einsetzstelle zu kommen. Für die restlichen 2 km benötige ich daher auch nur noch eine knappe halbe Stunde. Während dessen sind sogar richtige Wellen entstanden, und einige Segelboote sind auf den See hinaus gestartet. Von totaler Flaute bis 3 Bft hat es keine halbe Stunde gedauert.
Beim Bahnhof Plön, der direkt am Großen Plöner See liegt, hält seit einiger Zeit eine Bahn. Sie wartet auf die Gegenbahn aus Richtung Kiel, die scheinbar mit Verspätung unterwegs ist. Als die endlich eintrifft, hat die andere aus Lübeck schon fast 20 Minuten gewartet (wie ich später auf meinen Fotos erkennen kann).
Gegen 15:20 Uhr lande ich im kleinen "Hafen" der Fischerei Reese in Plön an. Ich freue mich sehr, dieses traumhafte Wetter ausgenutzt zu haben. Ich fahre den Transporter vom Parkplatz an die Einsetzstelle, reinige mein Kanu und verlade Kanu und Ausrüstung. Einige Fahrradfahrer kommen zu diesem schönen Aussichtspunkt angeradelt. Hier ist eine der wenigen Stellen in der Stadt, wo man in Ruhe auf den Großen Plöner See schauen kann.
Kanu-Einsetzstelle bei der Fischerei Reese am Großen Plöner See
Geschrieben in Kanutagebuch (2018)