Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf dem Eider-Ring-Kanal am Montag, den 22. Oktober

Geschrieben am 22.10.2018 in Kanutagebuch (2018) —   Eider, Eider-Ring-Kanal (Geändert am 23.10.2018)

Eider-Ring-Kanal

Eider-Ring-Kanal

Meine Kanutour am letzten Mittwoch war scheinbar die letzte mit sommerlichen Wetterverhältnissen: für heute sind 10 bis 12 Grad vorausgesagt worden, und es soll böiger Wind bis 6 Bft wehen. Richtiger Regen ist aber nicht angekündigt worden.

Heute setze ich gegen 10:00 Uhr in Achterwehr in den Eider-Ring-Kanal ein. Gerade habe ich am Steg abgelegt, da sehe ich am gegenüber liegenden Ufer einen kleinen Wasservogel schwimmen. Er taucht seinen Kopf ab und zu unter Wasser. Ich schaue genau hin und siehe da, ich habe es mit einem Zwergrtaucher zu tun! 

Im Gegensatz zu den häufig zu beobachtenden Verhaltensweisen ist dieser meist über Wasser. Daher - und weil mir der Größenvergleich mit anderen Wasservögeln fehlte, konnte ich ihn nicht spontan bestimmen. Wie ich auch bewegt er sich in Richtung Autobahnbrücke, so dass ich ihn noch etwa eine Minute beobachten kann. Inzwischen hat er auch Gesellschaft von einem Teichhuhn und einigen Blässhühnern. Er ist noch deutlich kleiner als das kleine Teichhuhn!

Trotz des einsetzenden Herbstes fühle ich mich sehr gut und genieße die Natur um mich herum, die mit Farben und Düften nur so um sich wirft. 

vor der Autobahnbrücke in Achterwehr

vor der Autobahnbrücke in Achterwehr

Während ich mich noch so umschaue, was es Interessantes um mich herum geben könnte, treibt mein Kanu ganz langsam näher an das rechte Ufer. Als ich wieder mein Paddel von der Ablage in die Hände nehme, höre ich aus den hohen Gehölzen neben mir altbekannte Rufe und ebenso bekanntes Schnarren: eine Schar von Schwanzmeisen hüpft in den Zweigen der Weide rechts neben mir. Die Schwanzmeise, die mir am nächsten ist, hat nur etwa 4-5 Metern Abstand zu mir!

Sie sind mir also sehr nah und völlig entspannt. Ich halte mich eine Weile dort in Ufernähe auf, bevor ich vorsichtig einige sehr ruhige Paddelschläge vollführe und etwas Distanz zu diesen wunderbaren Vögeln gewinne. Auch dabei fliegen sie mir nicht davon!

Schneeball-Früchte und Herbstlaub

Schneeball-Früchte und Herbstlaub

So etwas ist immer wieder schön zu erleben. Am linken Ufer erregt ein Strauch mit rotem Herbstlaub und roten Beeren meine Aufmerksamkeit: es ist ein "Schneeball", der im Sommer weiße Blüten trägt und dessen Blätter an die der Johannisbeeren erinnern. Als ich näher heran paddle, sind dort auch noch andere Früchte über dem Wasser: Hagebutten als Früchte der "Hundsrose", auch Heckenrose genannt. Außerdem sehe ich die blauen Schlehen, die es in größerer Zahl hier gibt, wobei denen die Blätter weitgehend weggetrocknet sind.

Ich freue mich, als ich den schlimmsten Autobahnlärm hinter mir habe. Ein Stück hinter Flemhude wird es langsam stiller. Ich messe Wasser- und Lufttemperatur: erstere beträgt 14,5 Grad, und die Luft ist nur 12 Grad "warm" - und steigt heute auch nicht mehr an. Es wird aber immer sonniger, und in der Sonne ist es so warm, dass ich zu dick angezogen bin und ein wenig ins Schwitzen gerate. Aber weniger Kleidung geht auch nicht.

Bunt gefärbtes Ufer

Bunt gefärbtes Ufer

Eider-Ring-Kanal bei Flemhude

Eider-Ring-Kanal bei Flemhude

An manchen Stellen muss ich Ansammlungen von Wasserpest ausweichen, aber es gibt immer Passagen. Nur dort, wo sich Enten gerade in den Passagen aufhalten, muss ich dann doch durch den dichten Teppich paddeln. Das Wasser ist überall sehr klar.

Die Enten sind recht scheu. Es sind meist Stockenten, und unter ihnen halten sich auch einige Schnatterenten auf. Die sind besonders scheu und auch dumm: sie fliegen auch auf, wenn sie unter dem überhängenden Ufergestrüpp gut versteckt sind und niemand sie dort erbeuten könnte. 

Mir klingen die Rufe eines Kolkrabens in den Ohren, und als ich ihn entdecke, fliegt er gerade hinter einem anderen, sehr großen Vogel hinterher. Es ist ein Seeadler, den der Kolkrabe da gerade verscheucht. Gleichzeitig höre ich Getöse von vielen Gänsen!  Während der Kolkrabe mitsamt dem Adler aus meinem Blickfeld verschwindet, überfliegen mich etliche Grau-, Kanada- und Nonnengänse. Ich höre sie noch eine Weile aus Richtung Westen, wo sie wahrscheinlich am oder auf dem Flemhuder See gelandet sind. 

Wildes Ufer am Eider-Ring-Kanal

Wildes Ufer am Eider-Ring-Kanal

Noch erfüllt von dem gerade Erlebten, richtet sich mein Blick bereits wieder ins Blau des Himmels: ein Sperber zieht gerade relativ langsam über den Eider-Ring-Kanal zum nahen See hinüber. Er scheint gerade nicht auf der Jagd zu sein, so langsam wie er ist.

Aus der Ferne klingen die Rufe eines Schwarzspechts zu mir herüber. Aber auch Buntspechte höre ich auf meiner gesamten Paddeltour, immer mal wieder.

Ich komme an einem weiteren Gebüsch vorbei, dem der trockene Sommer das Laub gekostet hat. In diesem Gebüsch, das etwa 8 Meter hoch ist, halten sich viele Kleinvögel auf und einige größere. Die größeren sind Amseln und Wacholderdrosseln. Die kleineren kann ich nicht bestimmen, da sie nicht rufen und sich auch nur ganz kurz blicken lassen, also recht unruhig in dem Geäst umher fliegen. Nur eine kann ich als Kohlmeise identifizieren.

Pausenplatz an der Umtragestelle zum Flemhuder See

Pausenplatz an der Umtragestelle zum Flemhuder See

Auf meiner Weiterfahrt höre ich ab und zu Eichelhäher rufen, und zweimal sehe ich auch einen über den Kanal fliegen. An verschiedenen Stellen singen Rotkehlchen, und ich höre oft die scheckernden Rufe eines Zaunkönigs. 

Für eine kurze Pause steige ich an dem befestigten Ufer der kleinen Bucht aus, wo man in den Flemhuder See übertragen könnte. Während ich mich dort ein wenig aufhalte und auch mal zum See wandere, bin ich erneut für kurze Zeit von Schwanzmeisen umringt! Auf dem See fischt gerade ein Kormoran, den ich beim Abtauchen "erwische".

Am Quarnbeker See halten sich zwei Höckerschwäne auf. Leider sind sie sehr scheu und fliegen bereits auf, als ich noch mindestens 100 Meter entfernt bin. Auch ein Graureiher steht dort im Schilf. Der akzeptiert meine Anwesenheit und bleibt stehen.

An der Alten Schleuse Strohbrück

An der Alten Schleuse Strohbrück

Bald lege ich hier wieder ab und paddle durch den weitgehend zugewachsenen Quarnbeker See (eine inzwischen sehr schmale Ausbuchtung des Eider-Ring-Kanals) wieder in die Eider in Richtung der Schleuse Strohbrück. Dort lege ich am Bohlenufer an. Die Klampen, die man hier bis vor kurzem noch fand, wurden abgeschraubt (vielleicht gestohlen?) und ich nehme die Erlen zum Festmachen.

Mit meiner Paddelkiste wandere ich zum kleinen Blockhaus und lasse mich dort auf einer Bank im offenen Vorraum nieder. Inzwischen hat sich der Wind gemeldet, der für heute ab Mittag vorher gesagt ist. Ich sitze aber im Windschatten. Etwas Sonne scheint durch die kleinen Sprossenfenster und schenken mir ein wenig Wärme. 

Ich esse ein wenig und trinke meinen Tee. Danach gehe ich ein wenig umher, um mir, wie meistens hier, die Schleuse anzuschauen. Irgend etwas Nettes erlebt man hier immer. Heute erfreut mich eine Gebirgsstelze, die aus dem großen Schleusenbecken hoch geflogen kommt und sich vor dem Schleusenhaupt auf die schwimmenden Baumstämme begibt. Dort läuft sie flott umher, pickt hier und dort nach Kleinlebewesen.

Stockentenmännchen auf dem Eider-Ring-Kanal

Stockentenmännchen auf dem Eider-Ring-Kanal

Hier an der ehemaligen Schleuse sieht alles sehr gepflegt aus. Das Gras ist ringsum kurz, das Dach der Blockhütte erneuert, sogar die Regenrinne ist neu. Das Wasser wurde hier kürzlich von angeschwemmtem Kraut und Unrat befreit, so dass es richtig nett ist. Einige Spaziergänger nutzen den Wanderweg zwischen Flemhuder See und dem Eider-Ring-Kanal.

Ich schau mich ein wenig um, ziehe mich noch wärmer an und steige wieder ins Kanu. Der Wind bläst in teilweise recht heftigen Böen schräg von links, und auf dem Quarnbeker See sogar richtig von der Seite. Für einen Moment kostet es mich alle Kraft, mein Kanu auf Kurs zu halten. Danach bin ich fast windgeschützt unterwegs, da der Wind von der Seite kommt. Ich höre ihn im Geäst der hohen Bäume sehr lebhaft  rauschen.

Bachbunge und Brunnenkresse

Bachbunge und Brunnenkresse

Weil es etwas dunkler wird am Himmel und dunkle Wolken die Sonne verdecken, paddle ich etwas schneller. Ich höre einen Bussard rufen. Dann fällt mir wieder ein, dass Eichelhäher ja gerne die Rufe des Bussards nachahmen, und tatsächlich kam bald nach dem zweiten "Bussard" der Originalruf des Eichelhähers an meine Ohren! Was mag diesen Vogel dazu bringen, andere Vögel nachzuahmen? Nach welchen Kriterien entscheidet er, welchen Vogel er nachahmen möchte?

Wie auf meiner Hintour lege ich in der kleinen Bucht erneut eine kleine Pause ein. Der Tee drückt. Dabei fällt mir auf, dass in der Bucht frische Brunnenkresse wächst. Als ich näher heran gehe, entdecke ich auch noch die Bachbunge (Wasserehrenpreis) und etwas, das wie Petersilie aussieht und das ich nicht bestimmen kann. An anderen Gewässern kommen Ehrenpreis und Brunnenkresse in großen Mengen vor, aber hier sah ich sie bisher nur selten. Sie lieben ja auch eher Fließgewässer!

Wolken und Sonne auf dem Eider-Ring-Kanal

Wolken und Sonne auf dem Eider-Ring-Kanal

Plötzlich rufen wieder sehr viele Wildgänse durcheinander und die ersten fliegen in wilden, scheinbar unkoordinierten Flugbewegungen von der Ostseite über den Kanal in Richtung Flemhuder See. Es werden immer mehr. Eine Ursache kann ich nicht erkennen, aber ich vermute, es wird wieder ein hungriger Seeadler sein.

Als das wilde Theater vorüber ist, fliegt ganz gemütlich ein Sperber über den Kanal, wie auf meiner Hintour, und ich denke noch: der Sperber hat sich gerade als Adler ausgegeben. Natürlich ist so etwas nicht möglich, und die großen Gänse werden sich  kaum von einem derartig kleinen Greifvogel beeindrucken lassen, außer wenn deren Küken frisch geschlüpft sind.

wieder in Achterwehr

wieder in Achterwehr

Allmählich erreiche ich Achterwehr und steuere die Einsetzstelle an. Während ich mein Kanu leere und alles verlade, verschwinden die Wolken und die Sonne scheint wieder richtig hell. Seltsamerweise regnet es aber gerade dann für einige Minuten, was im Gegenlicht und in der Herbstfärbung lustig aussieht!

Ich fahre das Auto heran, während zwei Männer ihre Kajaks einsetzen. Einer der beiden klagt über den einsetzenden Regen, aber ich beruhige ihn und behaupte, es wäre gleich vorbei. So ist es dann auch.

Ich fahre die 20 km nach Hause zurück und habe Glück, ohne Stau durch Kiel zu kommen. Meine kleine Kanutour hat nur wenige Stunden gedauert, aber sie war so schön, dass ich bei geeignetem Wetter gleich noch einmal dort paddeln wollen würde.

Kanu-Einsetzstelle in Achterwehr am Eider-Ring-Kanal

Kanu-Einsetzstelle in Achterwehr am Eider-Ring-Kanal

Geschrieben in Kanutagebuch (2018)