Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Schwentine am 14. November

Geschrieben am 14.11.2024 in Kanutagebuch (2024) —   Holsteinische-Seenplatte, Schleswig-Holstein-paddeln, Schwentine

Für den heutigen Donnerstag ist freundliches Wetter vorher gesagt worden, und ich beschließe, einen kleinen Ausflug mit dem Kanu in der Nähe zu unternehmen.

Ich setze mein Kanu an der Badestelle Klausdorf ein und paddle auf der Schwentine aufwärts. Schon beim Abladen und Ausrüsten hörte ich einen Schwarzspecht. Langsam und sehr aufmerksam bewege ich mich vorwärts. Als ich an dem Häuschen vorbei komme, in dem ich von 1971 bis 1982 wohnte, ließ ich meinen Gedanken  für kurze Zeit freien Lauf. Ich dachte an die besten Situationen, die ich dort erlebte - und ich versuchte mir noch einmal in Erinnerung zu rufen, wie der Steg damals aussah, den ich für unser erstes eigenes Kanu gebaut hatte.

 

Einsetzen an der Badestelle Klausdorf

Einsetzen an der Badestelle Klausdorf

Obwohl die Mastgänse auf der Wiese neben mir viel Lärm verursachen, kann ich doch das Klopfen eines Spechts vernehmen. Außerdem sind Blaumeisen unterwegs und ich höre auch das verhaltene Gnicksen eines Zaumkönigs.

Die Strömung ist nicht gerade gering, aber durch den aufkommenden Rückenwind geht es trotzdem leicht genug, um das Paddeln entspannend und genussvoll zu erleben.

Auf beiden Ufern sind kräftige Kerben in den Boden getreten worden, und an manchen Stellen entdecke ich sogar richtige Trittsiegel der Wildschweine, die hier offensichtlich zwischen der Insel und dem kleinen Sumpf auf der anderen Uferseite wechseln. Da ich mal muss, lande ich kurz in einem kleinen Nebengewässer an, das man nur entdeckt, wenn das Laub nicht mehr an den Gehölzen hängt.

Allmählich lässt sich etwas Sonne blicken, und das Wetter wirkt deutlich freundlicher, obwohl die Temperatur natürlich immer noch bei etwa 9 Grad bleibt. Die Gehölze sind fast alle kahl. Nur die Buchen am östlichen Ufer bringen noch ein wenig bunte Farbstimmung. Grün gibt es auch noch etwas: es sind Reste der Inseln aus  Sumpfkresse, und ab und zu gibt es noch Wasserminze, nicht ganz so grün.

 

Nebengewässer an der Schwentine

Nebengewässer an der Schwentine

Schwentine bei Klausdorf

Schwentine bei Klausdorf

Auf einer hohen Baumspitze hat ein Turmfalke gesessen. Der verlässt seinen Platz und fliegt in Richtung Flüggendorf davon. Im Wäldchen, durch das ich mich nun bewege, höre ich Kleiberrufe, und es sind auffallend viele Blaumeisen unterwegs. Wenn sie nicht gerade umher fliegen, hängen sie in den Weiden und picken irgend etwas aus den aufgerollten Blätterresten. Es mögen Insekten sein oder Spinnen. Jedenfalls sind sie sehr damit beschäftigt, versäumen es aber nicht, ihre typischen sozialen Rufe erklingen zu lassen.

Die Strömung nimmt zu, und ich komme am Anlegesteg des Ausflugsschiffs vorbei. Eigentlich suche ich auch eine Anlegemöglichkeit, um meinen Mittagskaffee genießen zu können, aber hier möchte ich gerade nicht. Also noch weiter aufwärts paddeln. Viele Stockenten sind unterwegs, und mitten unter ihnen entdecke ich ein seltsames Wesen: der Kopf passt zu einer Tafelente, ist also kupferrot. Der Rest des Gefieders ist relativ bunt, beinahe wie das einer Knäkente. Wahrscheinlich habe ich es hier mit einem Hybriden zu tun, wer auch immer sich mit wem vermischt hat.

die Schwentine vor der Oppendorfer Mühle

die Schwentine vor der Oppendorfer Mühle

Hundebadestelle

Hundebadestelle

Ich paddle einfach weiter stromaufwärts, bis es mir zu anstrengend erscheint. Kurz vor der letzten Kurve nahe der Oppendorfer Mühle wende ich und lasse mein Kanu langsam abwärts treiben. An der Hundebadestelle lande ich an, vertrete mir ein wenig die Beine und trinke im Stehen den ersten Becher Kaffee. Die Sonne ist mir nicht kräftig genug, so dass ich mich nicht traue, mich hier häuslich nieder zu lassen für eine richtige Pause im Stuhl. Im kleinen Bach entdecke ich einen kleinen Grasfrosch, und der mich ebenfalls. Er versucht sich unter zusammen geschwemmtem Laub zu verstecken.

Als ich wieder im Kanu bin und gerade abgelegt habe, höre ich ziemlich weit entfernt Kraniche. Nach einer Weile kommen sie näher, rufen dabei andauernd. Meine Augen sind auf den Himmel gerichtet, und tatsächlich fliegen sie relativ nahe an mir vorbei. Ich zähle sieben Vögel und freue mich sehr!

Jemand, den ich vom Sehen kenne, paddelt aufwärts vorbei, man grüßt sich freundlich. Kurz darauf entdecke ich etwas am Ufer, das nicht pflanzlich aussieht: tatsächlich liegt dort ein Nutria! Als ich mich vorsichtig nähere, kann ich ein Foto machen. Es bleibt einfach auf dem trockenen Gras am Ufer liegen und schaut mir nach, während ich mein Boot weiter flussabwärts gleiten lasse.

Ein Nutria an der Schwentine

Ein Nutria an der Schwentine

Diese Nager verbreiten sich aktuell über die gesamte Holsteinische Seenplatte und sind sogar in Nebengewässern anzutreffen. Manche Leute reden bereits von Schäden, die sie anrichten, aber das halte ich für übertrieben. Es mag für Gewässer mit Deichen zutreffen, aber die haben wir hier zum Glück ja nicht.

Rückfahrt auf der Schwentine

Rückfahrt auf der Schwentine

Ich paddle rechts der Insel vorbei und dabei treibt mich die Strömung vorwärts, während der Wind mich zu bremsen versucht. Am Ende des Durchstichs entscheide ich mich, noch ein Stück in Richtung Kiel zu paddeln, da es gerade etwas sonniger geworden ist. Ich höre die Rufe einer Mäusebussards, und ich sehe ihn auf einem unbelaubten Baum landen, der etwas entfernt am rechten Ufer steht. Sein Rufen hört nicht auf, und das finde ich ungewöhnlich. Als ich die Stelle erreiche, entdecke ich zuerst einen und dann noch einen Eichelhäher, die dem Bussard ziemlich nahe auf das Gefieder gerückt sind. Naja, es mögen wohl noch drei Meter sein, aber der Greifvogel findet das unangemessen und ruft weiter. Ich störe die Eichelhäher, so dass sie sofort auffliegen, als sie mich wahrnehmen. Der Bussard ist still, aber er ruft dann doch noch ein paar Mal, bis ich ihn aus meinem Blickfeld verliere, auch mit verdrehtem Hals. 

Ich paddle noch bis zum alten Obstgarten des Gutes Oppendorf, bevor ich mein Kanu wende und mit gutem Rückenwind gegen leichte Strömung wieder in Richtung Einsetzstelle lenke. Dabei höre ich erneut einen Schwarzspecht rufen.

Als ich gerade angelandet bin, bekomme ich Besuch vom jemandem aus dem Kanuverein, der auf dem Nachbargrundstück zuhause ist. Eigentlich ist mir kühl, aber wir unterhalten uns dann doch noch längere Zeit, bevor ich alles einpacke und mein Kanu auf dem Bus befestige. 

Ich freue mich sehr, heute spontan diesen schönen Ausflug unternommen zu haben. Niemand weiß, ob das Wetter noch einmal so einladend sein wird. 

Einsetzstelle an der Badestelle in Klausdorf

Einsetzstelle an der Badestelle in Klausdorf

Geschrieben in Kanutagebuch (2024)